Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot by Kerstin Gier

Ein unmoralisches Sonderangebot - Gier, K: Unmoralisches Sonderangebot by Kerstin Gier

Autor:Kerstin Gier
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: Lübbe
veröffentlicht: 2012-01-02T19:46:16+00:00


9. Kapitel

* * *

Zu meinem großen Erstaunen gediehen Evelyns Cannabis-Pflanzen prächtig. Nach zwei Wochen erschienen bereits die Keimblättchen der Samen, und die gekauften Jungpflanzchen bekamen jede Menge anrüchig aussehende Blätter.

Wider Erwarten berührte mich der Lebenswille der Pflanzen. Es würde mir schwer fallen, sie so einfach auf den Komposthaufen zu werfen.

»Hier darf niemals eine Menschenseele hineingehen«, sagte ich zu Evelyn. »Sonst sitzen wir schneller im Knast, als uns lieb ist. Wenn Herr Kabulke die Pflanzen sieht …«

»Du kannst ja sagen, dass es Tomaten sind«, schlug Evelyn vor.

»Tomaten!«, rief ich aus. »Herr Kabulke mag ja etwas schlicht sein, aber mit Tomaten kennt er sich aus. Außerdem riechen diese Dinger hier schon so streng, dass man ganz berauscht ist!«

»Herr Kakabulke wird schon nichts verraten«, sagte Evelyn. »Da mache ich mir schon eher Gedanken um Stephan.«

»Stephan? Ja, weiß er denn nicht, was du hier treibst?«

»Bist du blöd?«, fragte Evelyn. »Diese Gaertners sind doch im Grunde stockkonservativ. Und katholisch. Die würden ausflippen, wenn sie das hier sehen würden.«

»Oh«, sagte ich. Na ja, vielleicht hatte sie Recht. Die meisten Leute würden es nicht billigen, was Evelyn hier tat. Ich sollte es auch nicht tun. Es war illegal. Und unmoralisch.

»Um Stephan musst du dir keine Sorgen machen«, sagte ich. »Dem können wir getrost sagen, dass es sich um Tomaten handelt – er merkt den Unterschied in hundert Jahren nicht. Wie geht es denn nun weiter? Rollt man sich den Joint aus den Blättern?«

»Nein, nein, nein«, sagte Evelyn. »Man verwendet die Blüte. Und erst mal muss ich hier eine richtig prächtige Mutterpflanze ziehen. Die männlichen Pflanzen werden nämlich gnadenlos aussortiert. Siehst du? Das hier ist so ein Männchen. Du kannst es daran erkennen, dass es keine Blütenstände ausbildet. Hier, keine feinen Samenfädchen. Es blüht zwar irgendwann, aber völlig unnütz.« Evelyn rupfte das Männchen aus dem Beet. Sein Nachbar musste ebenfalls dran glauben.

»Die Armen«, sagte ich.

»Unnütze Faulpelze sind das«, sagte Evelyn. »Aber ich erkenne sie, wo ich sie sehe. Und dann – rupf!« Sie streichelte über ein Pflänzchen. »Du hier bist ein Mädchen, nicht wahr? Wirst bald schön blühen und Mama die ganze Mühe zurückzahlen. Sieh doch, die hat schon Blütenstände angesetzt. Wie schnell das geht!«

»Muss man nicht die Seitentriebe ausgeizen, wie bei der Tomate?«

»Ausgeizen? Was soll das sein?«

»Also«, sagte ich und fasste eine der Pflänzchen an. »Man nimmt hier …«

Evelyn schlug mir auf die Finger. »Hände weg«, rief sie. »Das hier ist mein Beet. Um die Blümchen kümmere ich mich! Ich weiß nicht, was herumgeizen ist, aber ich werde sofort im Internet nachschauen, ob man das mit meinen Blümchen hier machen darf!«

»Ich glaube nicht, dass man Blümchen dazu sagen kann«, sagte ich.

»Nenn sie, wie du willst, aber lass sie in Ruhe«, sagte Evelyn. »Ich muss jetzt weg, ich treffe mich mit Oliver. Morgen ist mein Eisprung.«

»Schon wieder?«, fragte ich etwas maulig. Oliver hatte Recht, das Empfängnisprogramm von Evelyns Computer musste irgendwie kaputt sein.

Ich sah Evelyn frustriert nach, wie sie in ihren Z4 stieg und davonfuhr, schön wie ein Junimorgen. Es war so ungerecht. Diese Frau hatte einfach alles:



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